Sein oder Nichts sein

Foto by SAK

von Klaus

Es gibt diese Spielercharaktere, die man einfach gerne spielt, die ihrem Spieler ein überlegenes Lächeln auf‘s Gesicht zaubern. Helden, die unter den Gefährten respektiert und von den Gegnern gefürchtet sind, die coole Marotten haben und Erfahrungspunkte einheimsen wie Eichhörnchen Nüsse. Und dann gibt es die andere Sorte, bei deren Erstellung die Inspiration gefehlt hat, bei denen man regeltechnisch einiges verbockt hat, die im Vergleich völlige Nieten sind, die man vom Spielleiter aufgedrückt bekommen hat oder die einem einfach charakterlich nicht liegen.

Den Diener der drei bis vier Musketiere vielleicht (das Abenteuer war ursprünglich für vier Spielercharaktere gedacht, aber man kann es natürlich auch zu fünft spielen), den Barden in der Gruppe (Barbar, Dieb und Magier waren in Rekordgeschwindigkeit vergeben, während man selbst gerade den Pizza-Boten bezahlt hat) oder den Bordarzt des Expeditionsraumschiffs (der Spielleiter hat DRINGEND empfohlen, dass jemand in der Gruppe sich mit so was auskennt … blöd nur, dass der dann später an Bord die Stellung halten soll).

Und dabei sollte doch gerade beim Rollenspiel die große Freiheit herrschen, sollte man sich richtig heldenhaft ausleben können und keinen erbärmlichen Loser spielen müssen. Oder? Aber so eindeutig ist das eben nicht und so wie das richtige Leben keine völlige Freiheit bietet, so gibt es die auch im Spiel nicht. Mit dem kleinen Unterschied, dass man im richtigen Leben immer den selben Schlaffi spielen muss, während man im Spiel immer wieder neue verkörpern darf.

Superheld oder Verlierer …

Wenn die Welt in dem anstehenden Abenteuer ohnehin gleich untergeht, kann man spielen, wen man will. Aber falls die Prinzessin aus den Fängen des dunklen Lords befreit werden soll, dann macht es eben keinen Sinn partout einen Schwarzmagier spielen zu wollen. Außer vielleicht, wenn Spieler und Spielleiter gemeinsam kreativ werden und bereit sind Kompromisse zu schließen. Vielleicht ist besagter Schwarzmagier ja durch die Minions-Prüfung gerasselt und sinnt nun auf Rache? Oder der greinende König zahlt dem Finsterling eine runde Summe für sein Experten-Know-How?

Vieles ist machbar, wenn Spieler und Spielleiter gemeinsam kreativ werden und kompromissbereit sind. Als Spieler sollte man dieses Vertrauen dann allerdings auch rechtfertigen und nicht das Abenteuer sprengen, indem man die Gefährten bei der ersten Gelegenheit an den dunklen Lord verkauft. Ja, die rollenspielerische Freiheit kennt Grenzen und Star Wars wäre nie über die erste halbe Stunde hinaus gekommen, wenn Han Solo nicht über seinen Schatten gesprungen wäre.

Vorbereitet sein …

Ob und wie ein Schuft in die Gruppe passt kann sich der Spielleiter vorher überlegen, schließlich ist der Freiheitsdrang der Spieler bei der Charaktererschaffung keineswegs unabsehbar. Wenn man aber zu dem Ergebnis kommt, dass das nicht funktioniert, muss das der Spieler auch akzeptieren.

Schwierig ist es aber, wenn das Abenteuer schon so angelegt ist, dass es eine starre Hierarchie in der Gruppe gibt. So was sollte man nach Möglichkeit vermeiden, denn niemand will auf Dauer den Stiefelputzer eines anderen Charakters oder den lustigen Sidekick der Hauptperson spielen müssen. Und wenn es denn wirklich unumgänglich ist sollte man als Spielleiter wenigstens etwas Fingerspitzengefühl zeigen, und die Rolle des führenden Charakters nicht auch noch dem dominantesten Spieler geben. Sonst ist der Frust leider vorprogrammiert.

Und wenn es trotzdem schief geht und man trotzdem mit seinem Charakter unglücklich ist lohnt es sich das Gespräch mit dem Spielleiter zu suchen. Gemeinsam findet sich schon eine Lösung. Oder man hält eben durch – der nächste Spielercharakter wartet schließlich gleich um die Ecke.

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